Dorfplatz Balzers
Ordo
Der Ort
Die Entwicklung von Balzers ist geprägt durch zwei separate Ortsteile und die dazwischenliegende Kulturlandschaft. Diese wurde über die Jahrzehnte durch die Ausdehnung der Siedlungen kontinuierlich überformt. Kanäle, Baumreihen und Obstwiesen sind im Siedlungsgefüge jedoch als Fragmente bis heute erhalten geblieben. Zwischen den beiden Polen, am Fuss des Burghügels, wurden ergänzend dazu in nahezu gleicher räumlicher Distanz zueinander die Einrichtungen des öffentlichen Lebens positioniert: die Schule, die Gemeindeverwaltung, die Kirche, das Schwimmbad und Sportanlagen, Veranstaltungsaal, der Stadtgarten, der Friedhof. Alle Elemente eines sozialen und kulturellen Zentrums sind vorhanden, jedoch fehlt dem Ort ein vergleichbarer öffentlicher Raum. Der Wunsch nach einem attraktiven Ortskern besteht schon lange und hat sich im letzten Jahrzehnt zusehends akzentuiert. Gleichwohl fehlt die Tradition eines klassischen Dorfes mit Dorfplatz, Brunnen und Dorflinde. Die Identität musste also definiert werden, Traditionen neu entstehen. Die Strategie für die Neugestaltung geht dabei vom Lokalen und Bekannten aus und transformiert die einzelnen Teile zu einem angemessenen Ganzen für den Ort.
Die auf historischen Bildern prägnant in Erscheinung tretenden Strukturen der baumbegleiteten Entwässerungskanäle und Windschutzpflanzungen bestehen auch heute noch vielerorts. Die Neugestaltung des Ortzentrum von Balzers leitet sich aus diesen historischen Strukturen ab und nimmt zugleich mit den dichten Baumreihen bereits vorhandene Elemente der Schulplätze als Initial der früheren Freiraumentwicklung auf. Die bestehende „Stadtnatur“ des Burghügels, der Stadtgarten mit Schulplätzen und Friedhof werden um den Typus des Platzes erweitert.
Im Zentrum von Balzers entsteht so ein vielfältig nutzbarer Freiraum. Die neue Tiefgarage ist dabei integraler Bestandteil der landschaftlichen und städtebaulichen Lösung.
Die Gestaltungselemente
Die Neugestaltung des Ortzentrums von Balzers besteht aus den folgenden Gestaltelementen: Der Baumhain, die Baumreihe, die offene Mitte, die Lauben und der bestehende Brunnen.
Baumhain & Baumreihe
Die Verwendung der beiden Elemente ‘Reihe’ (westlich und östlich) und ‘Hain’ (nördlich und südlich) schafft eine klare Platzfigur mit einer offenen Mitte, ohne diese streng nach aussen zu schliessen. Die ausgewählten Kiefern, Linden und Gleditschien verstärken den lokalen Bezug.
Offene Mitte
Die offene Mitte ist durch die Randbereiche klar definiert. Die Parallelität zum Gemeindesaal und dem Hallenbad verstärkt die gestalterische Geste des Randes und kann die gewünschten Nutzungen vom Wochenmarkt bis hin zu grösseren Veranstaltungen aufnehmen. Im Alltag funktioniert der Dorfplatz als Spielfläche sowie als Aufenthalts- und Bewegungsraum, aber auch als Vorplatz verschiedener Einrichtungen.
Lauben
Die kleinen Baukörper nördlich bzw. südlich des Platzes dienen neben der Erschliessung der Tiefgarage auch als Lager, Veloraum und Buvette. Statt einzeln verteilter Infrastrukturen werden diese Bauten mit Kletterpflanzen berankten Lauben zusammengebunden und als Garten-Architekturen verstanden. Die Lauben überdecken die Baukörper, ordnen diese den prägenden Baumpflanzungen unter und beziehen sich in ihrer stringenten Rasterung auf den Platz und die benachbarte Holzfassade von Realschule und Hallensportgebäude.
Brunnen
Der Dorfbrunnen aus Balzner Marmor prägt seit Jahrzehnten die Ortsmitte und ermöglicht freien Zugang zu Trinkwasser als Teil des Freiraumangebots an die Bevölkerung. Mit dem Entwurf des Dorfplatzes wird der Trinkbrunnen verschoben und zwischen den Bäumen in unmittelbarer Nähe zur Buvette neu positioniert.
Das Vegetationskonzept
Bäume der Flüsse
Kiefern sind als waldbildende Baumart vor allem in nordischen und subkontinentalen Regionen zu finden. Lockere Baumgruppen aus Waldföhren (Pinus sylvestris), sind für die Schwemmebenen der Rheinlandschaft typisch und werden für die Platzgestaltung aufgenommen. Sie schaffen im Kontrast zu den strengeren Baumreihen in freier Anordnung eine lockere und durchlässige Szenerie. Um einen möglichst authentischen Eindruck mit Zeitpunkt der Pflanzung zu erzeugen, wurden Exemplare mit besonders hoch aufgeasteten Stämmen und malerischem Wuchs ausgesucht.
Bäume der Wälder
Lindenblockschuttwälder finden sich in den umgebenden Wäldern der Gebirgszüge und bieten Lebensräume für viele Tiere. Seit Jahrhunderten wird die Linde in Städten und Dörfern als Park-, Alleeund Strassenbaum gepflanzt. Sie toleriert Hitze- und Trockenperioden. Dieser Baum ist den sich im Klimawandel ändernden Standortbedingungen bereits gut angepasst und adaptiv. Des weiteren sind die grossen traubenförmigen Blüten (Juni/Juli) ein Insektenmagnet. Der Blütennektar der Linde ist bei vielen Insekten sehr begehrt, vor allem bei Honigbienen, Wildbienen, Hummeln und Schwebfliegen, aber auch bei Tag- und Nachtfaltern und verschiedenen Käferarten.
Bäume der Stadt
Die landschaftstypische und lokal bekannte Vegetation aus Kiefern und Linden wird im Sinne der Artenvielfalt und Klimaerwärmung mit den an zukünftige stadtklimatische Bedingungen sehr gut angepassten Lederhülsenb.umen ergänzt. Diese Baumart setzt einen neuen gestalterischen Akzent für das Zentrum. Während der Kronenansatz mit 4 Metern bei allen Bäumen die Grosszügigkeit unterstreicht, bricht die mehrstämmige Wuchsform der Lederhülsenb.ume den sehr städtischen Charakter der Baumreihen und gliedert den Platz in den Massstab von Balzers ein.
Der Belag
Das Vorbild der historischen Dorfplätze zeigt die Bedeutung der Beläge, als auch ihre Struktur und Materialisierung. Der robuste Belag des Dorfplatzes in Balzers verbindet all diese Elemente miteinander und erhöht durch die Möglichkeit der multifunktionalen Nutzbarkeit die Wichtigkeit der leeren Mitte. Die Gestaltung des Belags aus veredeltem Beton schafft einen lokalen Bezug zur Naturgeschichte des Ortes inmitten des Rheintals. Als Zuschlag im Beton findet sich Rheinkies unterschiedlicher Körnungen, welcher durch das Schleifen des Betons sichtbar gemacht wird. Die Struktur und Farbigkeit der Einschlüsse zeigt die geologischen Herkünfte entsprechend dem Rheinverlauf – gleich dem Vorbild der historischen, mit Flusskieseln gepflasterten Dorfplätze. Die Wetterbedingungen am Ort werden im Belag des Platzes reflektiert. Dadurch entstehen je nach Sonneneinstrahlung oder Nässe neue und wechselnde Eindrücke.
Die Ausstattung
Lange Sitzbänke unter den Bäumen bzw. der nördlichen Laube, flankieren den Platz und eröffnen den Blick auf die Platzmitte, den Ortskern und die Berggipfel. Freie Bestuhlung erhöht die Flexibilität und Aufenthaltsqualität zusätzlich. Mastleuchten zwischen den Bäumen erhellen den Platz bzw. die Hauptwege im Alltag. Ein grosser Mast mit Strahlern kann im Eventfall optional zugeschaltet werden.